Rechtsmedizin: Schnittstelle zwischen Justiz und Medizin

Tote lügen nicht...im Gegensatz zu den Lebenden.

Wobei «lügen» nicht immer mutwillig oder böswillig geschieht. Frau Prof. Silke Grabherr, Direktorin am Westschweizer Universitätszentrum für Rechtsmedizin, hat die Mitglieder des LC 3 Seen/Lacs sowie der eingeladenen Lions Clubs während ihres Vortrags in ihren Arbeitsalltag entführt. In spannendster Weise haben wir erfahren, dass sich die Rechtsmedizin nicht nur um mehr oder wenig «hübsche» Leichen kümmert, sondern sehr oft auch um lebende Opfer. Und genau da, kann es vorkommen, dass diese Personen es mit der Wahrheit nicht immer so genau nehmen. Dies, entweder um sich oder andere zu schützen, oder weil ihnen ihr Gehirn eine «angepasste Wahrheit und Realität» vorgaukelt.

Frau Prof. Grabherr hat mit ihrem humorvollen und gleichzeitig höchst kompetenten Vortrag bewiesen, dass ein PowerPoint weder langweilig noch mühsam sein muss. Anhand von uns bekannten Katastrophen und Unfällen hat sie es geschafft, mit einfachen Worten einen hoch komplexen und für den Laien fast unverständlichen medizinischen Bereich verständlich darzustellen. Rechtsmedizin ist nämlich nicht nur Medizin, sondern bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Justiz und Medizin. Die Medizin liefert die Fakten, damit die Justiz diese für die Rechtsprechung verstehen und nutzen kann – egal, ob das Opfer den Übergriff überlebt hat oder nicht.  

Angesprochen auf die Frage, wie sie als Person damit umgeht laufend mit Opfern, Tätern und tragischen Situationen konfrontiert zu sein, meinte sie: man ist für diesen Beruf gemacht oder nicht; es gibt keine Grauzone. Man muss den Beruf als das sehen was er ist, und im Dienst der Opfer arbeiten, damit die Justiz ihrerseits ihre Aufgabe wahrnehmen kann. Wenn jedoch die eigenen Emotionen von den Vorfällen tangiert werden, sei man nicht für diesen Job gemacht. Auffällig auf den Team-Fotos war, dass nur Frauen zu sehen waren...

Ein informativer, spannender und humorvoller Vortrag, wobei sich zu unserem grossen Erstaunen 90 Minuten anfühlten wie eine Viertelstunde. Nur wenig erstaunlich, dass der anschliessende Stehlunch durch sehr lebendige und interessante Gespräche geprägt war. Wir werden wohl nie mehr einen Krimi lesen oder sehen, ohne an diesen Vortrag erinnert zu werden.

 

Text: Gabriele Wittlin

Foto: Béat Zbinden